Partner sind immer mitbetroffen | MS & Ich

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Beziehungsprobe

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Die Diagnose MS erschüttert nicht nur die Betroffenen, sondern auch die Partner. Ja, Beziehungen können daran zerbrechen – aber auch an Tiefe gewinnen. Multiple Sklerose hat meistens Auswirkungen auf die Sexualität. Was das bedeutet, haben wir die Sexualmedizinerin Elia Bragagna gefragt.

Wie kann Multiple Sklerose die Sexualität beeinflussen?

Bragagna: MS ist eine Erkrankung des Nervensystems, die auch Zentren im Gehirn betrifft. Das kann zu verminderter Lust, Orgasmus- und Erregungsstörungen, Müdigkeit oder beim Mann zu Erektions- oder Ejakulationsproblemen führen. Aber mit der Diagnose passiert auch etwas im Kopf: Es entstehen viele Fragen und Ängste. Wenn ich z. B. das Gefühl habe, meine weibliche Rolle nicht mehr so leben zu können, ängstigt mich das. Diese Verunsicherung kann ebenfalls das Sexualleben beeinträchtigen.

Was also tun?

Für die Patientinnen und Patienten ist es wichtig, ihr Problem zu benennen. Es zu sagen, wenn sie sich zu müde fühlen, Krämpfe bekommen oder bestimmte Positionen Probleme machen

Warum ist die Hemmschwelle, darüber zu reden, so groß?

Viele Themen sind sehr schambehaftet. Wir sind es nicht gewohnt, über so intime Dinge wie z. B. unkontrollierten Harnverlust zu reden. Das Schweigen verunsichert aber oft auch die Partnerin oder den Partner, und das kann die Beziehung belasten.

Wie sehr wirkt sich MS auf die Paarbeziehung aus?

Partnerin oder Partner sind von der Diagnose immer mitbetroffen. Da entstehen Fragen wie: Muss ich jetzt mehr helfen? Soll ich überhaupt helfen? Darf ich sexuell aktiv sein oder überfordere ich mit meinen Wünschen? Doch die Krankheit kann auch eine Chance sein, die Beziehung neu zu definieren, aus alten Mustern auszubrechen. Bei vielen entsteht dadurch noch eine tiefere Verbundenheit.

Was ist das größte Problem in diesem Zusammenhang?

Dinge aus Angst und Scham nicht anzusprechen. Und die schleichende Rollenverteilung in der Beziehung: Plötzlich werden aus den Sexualpartnern „Kranke“ und „Pflegende“. Der „pflegenden“ Partnerin oder dem „pflegenden“ Partner kann es dann schwerfallen, in die Rolle der Sexualpartnerin oder des Sexualpartners zu wechseln. Eines jedoch zeigt sich ganz deutlich: Die Faktoren, die für sexuelle Zufriedenheit und eine gute Partnerschaft wichtig sind, kann man selbst beeinflussen.

Welche Faktoren sind das?

Kommunikation, also dass man miteinander spricht. Dann der Austausch von Zärtlichkeiten; miteinander Dinge zu tun, die beide freuen. Und dass man sich gegenseitig wirklich gern hat. All das beeinflusst die Häufigkeit sexueller Aktivität und den Wunsch danach.

Bei Begriffen wie Inkontinenz oder Empfindungsstörung – bedeutet MS das Ende der Weiblichkeit?

Nein. Auch hierfür gibt es Lösungen. Das Wichtigste ist, sich einzugestehen, dass es ein Problem gibt, und seinen Körper zu kennen. Bei Inkontinenz kann man kurz vor dem Geschlechtsverkehr den Katheter entleeren. Bei Stuhlinkontinenz gibt es Analtampons, die man nicht spürt. Es gibt für viele Probleme medikamentöse Möglichkeiten, hier gegenzusteuern. Wichtig ist, das mit der Neurologin oder dem Neurologen zu besprechen. MS ist zwar nicht heil-, aber gut behandelbar.

Was ist also hilfreich?

Wichtig ist, für sich herauszufinden, was dem Körper gut tut. Wann ist er fit für Intimitäten? Welche Berührungen sind schön, welche nicht? Was brauche ich? Ein muskelentspannendes Medikament? Brauche ich einfach eine Umarmung? Es ist wichtig, mit dem Partner darüber zu reden. Und wenn man selbst keine Lösung für das Problem findet, kann man Hilfe von außen holen. Denn nicht nur Menschen mit MS haben Sexualstörungen. Auch viele andere sind davon betroffen. Die Essenz ist, es sich einzugestehen und dann eine Lösung zu suchen.

Autorin: Dr. Elia Bragagna – In Kooperation mit Wienerin 

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